Seit kurzem wird es der Gesellschaft bewußt, das die traumatischen Erlebnisse der letzten Kriege immernoch wirksam sind. Zur Therapie kommen oft Menschen, die eine scheinbar glückliche Kindheit hatten, mit Symptomen, die auf eine Posttraumatische Belastung hinweisen.
Fragt man nach den Ursachen in der Kindheit, kommt man oft nicht weiter.
Erst die Erhellung der Familiengeschichte der Eltern und Großeltern bringt die Erklärung.
Es verwundert nicht, dass ein Volk mit dieser Vergangenheit nicht zur Ruhe kommt. Die existenziellen Traumata des Krieges waren dermaßen überwältigend, dass es nicht möglich war, sie in einer Generation zu integrieren. In manchen Familien wurden die leidvollen Erlebnisse niemals angesprochen, man wollte nur vergessen oder vertuschen. Viele wichtige Familiengeschichten sind den Nachfolgenden Generationen kaum bewusst. Und selbst wenn offen darüber gesprochen wurde, so konnten die Wunden doch nicht heilen - Worte können nicht transportieren, was geschehen ist.
Der Versuch des Verschweigens und Vergessens der Kriegserlebnisse führte oft zu einem Bruch zwischen den Generationen. Überlebende versuchten auf unterschiedliche Weise einfach weiterzuexistieren. Sie hielten fest an Dogmen, verströmten eine beängstigende psychische Kälte, sehr viele reagierten mit Gewalt - besonders gegen die eigenen Kinder, manche verfielen in unterschiedliche Suchterkrankungen.
Dies alles machte den Umgang miteinander sehr schwierig.
Natürlich steht auch der Vorwurf der Schuld zwischen den Generationen, wie konnte so etwas geschehen? Wo waren die eigenen Eltern und Großeltern? Was ist ihre Schuld? Waren eigene Angehörige womöglich an den Tötungsfabriken beteiligt?
Die jüngeren Generationen sind oft besser ausgebildet als ihre Eltern und können und wollten nicht verstehen, wie ihre Eltern so ein System mittragen und vielleicht auch mit gestalten konnten.
Vielleicht gehören Ihre Eltern zu den Verfolgten, Getöteten, Verschleppten?
Ihr Unrecht ist bis heute nicht benannt worden?
Ist ihr Besitz in den Händen fremder Menschen? Wie kamen ihre Eltern zu ihrem Wohlstand?
Viele Nachkriegsgeborene fühlen sich von ihren Eltern entfremdet.
Vielfach übernahmen diese Kinder zu früh Verantwortung für ihre Eltern, welche innerlich tief verwundet waren und aus diesem Grund nur noch nach außen hin funktionierten, jedoch emotional für ihre Kinder nicht mehr erreichbar waren.
Die Schrecken ihrer Erfahrungen sind mit der Zeit nicht verschwunden, sondern wurden an die nächsten Generationen vererbt. Dadurch fühlen Kriegskinder und Kriegsenkel oft eine große Last auf ihren Schultern, von der sie spüren, dass sie nicht zu ihnen gehört. Es ist wichtig, diese Lasten zu transformieren und abzulösen, um in die Kraft zu kommen und Leichtigkeit und Lebensfreude zulassen zu können.
Die Aufarbeitung der Familiengeschichte hilft allen Familienmitgliedern und bringt Frieden ins Familiensystem. Zu Beginn der Aufarbeitungsprozesses gerät oft zunächst eine Person aus der Familie in eine heftige Krise, die sich als Depression oder Burnout äußern kann. Dieses Familienmitglied fühlt sich oft in der Familie oft nicht angenommen, fühlt sich über Jahre unverstanden und hadert deshalb mit den Eltern und Geschwistern.
Das Annehmen dieser alten Verletzungen ist der erste Schritt aus der Spirale
Bald folgt dann die Erkenntnis, dass dies übernommene Traumata sind und die Kinderseele immernoch verletzt ist.
Die Erfahrung zeigt, dass oft auch weitere Familienmitglieder "auftauen" und ebenfalls damit beginnen, ihre Denkweisen infrage zu stellen und Muster erkennen.
Über die Zeit findet dann die gesamte Familie wieder zueinander.
Nach und nach lösen sich lange Zeiten der Kälte und Einsamkeit auf neue Kräfte und Energien kommen in Gang und bringen die Familiensysteme wieder zusammen.